Im Dazwischen ist Platz
Von souliger Samtigkeit bis zum existentiellen Schreien
Wenn „Komplizen“ laut Duden „Helfershelfer einer Straftat“ sind, so sind in diesem Falle die Musiker:innen Helfershelfer eines aufrüttelten Sounds, der genauso melancholisch wie beschwingt die Fragen aufwirft: Was mach ich, wo stehe ich und wie verhalte ich mich in Anbetracht der gefühlten und tatsächlichen Katastrophen?
Wie ein Roadtrip rauscht der Garagenpop der Komplizen durch die Innenwelt von Hoffnungsvollen und Hoffnungslosen. Die Band beschwört neblige Hügel, zieht aufs Meer und verliert sich im Wald. Und manchmal blitzt ein Ausblick auf, flüchtig, ergreifend – wie ein Bergpanorama.
Und manchmal zeigt sich ein Ausblick, genauso flüchtig wie ergreifend.
Auf dem treibenden Fundament aus Schlagzeug und Bass wabert die warme Gitarre, schweben verwobene Klangwelten, bettet sich mehrstimmiger Gesang. Die Instrumente quietschen, scharren, schuschuhen. In den Arrangements experimentieren die Komplizen mit den Stilen, behalten als Kompass jedoch die markante Stimme von Ellen Bonte, deren Texten eine Dringlichkeit innewohnt, die sich trotzig gegen das Vereinfachen auflehnt und sich dennoch dem Pop hingibt.
In Bontes Texten und in ihren Liedern liegt eine Dringlichkeit.
Die gebürtige Münsteranerin beginnt früh mit dem Lieder schreiben; geprägt von der Musikbegeisterung ihrer älteren Brüder, deren New-Wave-Mixtapes mit sie wie Muttermilch aufsaugt. Mit 16 geht sie nach Kanada und sammelt als Bassistin erste Konzerterfahrung. Ab 20 steht sie dann solo mit der Gitarre auf der Bühne, tourt mit Illute und spielt in verschiedenen Kombos, u. a. mit Dörte von Sturmschäden und mit MarionMarion.
2016 ändern sich mit dem Umzug nach Leipzig wichtige Vorzeichen in Bontes Leben. Sie knüpft Kontakte in der lebendigen Musikszene der Stadt. Mit der Sängerin und Geigerin Maren Patzwahl gründet sie ein Duo, mit dem die beiden auf offenen Bühnen spielen. Bei den gemeinsamen Auftritten überwindet Bonte das Lampenfieber, das sie als Soloact plagte.
Sie startet das Projekt „Ellens Komplizen“ zunächst mit wechselnden Musiker:innen, darunter der britische Folkgitarrist Alastair Gordon und die Querflötistin Christin Schmidt. Der Drummer Jonathan Rentsch kommt hinzu. Schließlich schließt sich Franz Schwarznau am Bass ihnen an.
Die Musiker:innen entwickeln auf Basis von Bontes Liedern einen eigenwilligen Klang: groovig, verspielt, manchmal zart und zerbrechlich, plötzlich düster, dann wieder wie eine warme Umarmung. Komplex, abwechslungsreich und selten vorhersehbar. Ein Alternative Pop mit Bluenotes, eine elegante Verschmelzung verschiedener Stile und Einflüsse.
Komplex, abwechslungsreich und selten vorhersehbar
Die Band kürzt den Namen zu „Komplizen“ und nimmt 2019 ein Demo auf, das auf viel positive Resonanz stößt. Um den Sound zu erweitern, holt Bonte auch ihre Duo-Partnerin Maren Patzwahl in die Band.
Das Debüt Manic Soul, ein wilder Trip durch die Genres
Lange interpretieren die Komplizen ihre Songs im Konzert immer wieder neu, doch nach und nach kristallisieren sich feine Arrangements heraus. Im Sommer 2020 nehmen die Musiker:innen das Video zu „Satt“ auf, eine epische Hymne auf Grundlage des Texts „Gefilde der Unseligen“ von Gottfried Benn.
Während die Pandemie den Konzertbetrieb lahmlegt, arbeitet die Band an ihrem Debütalbum. Nach einem erfolgreichen Crowdfunding geht es im Sommer 2021 für eine Woche ins Studio. Mitten in der sächsischen Pampa feilen die Kompliz:innen bis zum letzten Recording an den Stücken. Im Mai 2022 erscheint schließlich „Manic Soul“, ein wilder Trip durch die Genres, in dem der Raum zwischen den Tönen eine prominente Rolle spielt.
2022 kommt es nochmals zum Wechsel: Franz Schwarznau und Christin Schmidt gehen eigene Wege. Nach Corona beginnt ein weiterer Abschnitt Schotterpiste. Schließlich verstärken Judith Bierbrodt an der Trompete und Teresa Rodriguez am Bass die Band. Nach einem letzten Wechsel übernimmt dann Kat Kempf die Bassposition. Die Komplizen sind wieder komplett. Und arbeiten an ihrem zweiten Album.